Strom hilft gegen chronische Schmerzen
Sie ist knapp 1,4 Millimeter dick, flexibel und soll Patienten mit chronischen Schmerzen helfen, die mit anderen Methoden keine ausreichende Linderung erreichen: Mit der sogenannten Pasha-Sonde können Schmerztherapeuten gezielt neuropathische Schmerzen lindern, manchmal sogar ausschalten. Neuropathische Schmerzen sind chronische Schmerzen, die auf eine Reizung oder Schädigung der Nervenwurzeln zurückzuführen sind und vom Rückenmark in andere Körperregionen, zum Beispiel Beine, Arme oder Kopf ausstrahlen.
Bei dem Eingriff mit der Pasha-Sonde wird eine Multifunktionselektrode unter örtlicher Betäubung und Kontrolle einer Röntgenkamera durch eine Nadel in den Rückenmarkskanal eingeführt. Dann schiebt der Arzt die Sonde bis zu der Stelle vor, wo die Nervenwurzeln sitzen, die für die Schmerzen verantwortlich sind. Um sicherzustellen, dass die Spitze der Pasha-Sonde an der richtigen Stelle liegt, gibt er einen schwachen Reizstrom über die Sonde ab, der ein Kribbeln genau in der sonst schmerzenden Region erzeugen soll.
Reizung durch Strom
Ist die richtige Stelle gefunden, folgt die eigentliche Behandlung: Mit hochfrequentem gepulstem Strom wird die Nervenwurzel gereizt, aber nicht zerstört. Die Temperatur im Gewebe darf dabei 42 Grad Celsius nicht übersteigen. Zusätzlich kann der Arzt je nach Erkrankung über die Sonde auch entzündungshemmende, abschwellende oder narbenlösende Medikamente in den Rückenmarkskanal spritzen.
Die Behandlung mit dem gepulsten Reizstrom dauert rund vier Minuten pro Nerv. Nach dem Eingriff muss der Patient einige Tage im Krankenhaus bleiben, die Kosten übernimmt die Krankenkasse.
Geringe Komplikationsrate
Die Komplikationsrate ist gering, etwa vier Prozent der Patienten leiden in den 24 Stunden nach dem Eingriff unter Kopfschmerzen, selten kommt es zu Infektionen oder Blutungen im Wirbelkanal. Die Schmerzlinderung hält in der Regel ein bis zwei Jahre an.
Wie genau die auch als Nervenmodulation bezeichnete Pasha-Methode wirkt, ist noch ungeklärt. Die Therapeuten gehen aber davon aus, dass der gepulste Strom das sogenannte Schmerzgedächtnis löscht und so die Schmerzverarbeitung wieder normalisiert.
Wie wird aus einem akuten Schmerz ein chronischer?
Das Schmerzgedächtnis spielt bei der Entwicklung chronischer Schmerzen eine zentrale Rolle: Sensible Nervenzellen sind genauso lernfähig wie das Großhirn. Sind sie immer wieder Schmerzimpulsen ausgesetzt, verändern sie ihre Aktivität und werden empfindlicher, so dass schon ein leichter Reiz wie eine Berührung, Wärme oder Dehnung genügt, um einen Schmerz auszulösen. Aus dem akuten Schmerz ist dann ein chronischer Schmerz geworden, der auch bestehen bleibt, wenn der eigentliche Auslöser fehlt.
Um die Entwicklung chronischer Schmerzen zu vermeiden, sollten akute Schmerzen deshalb immer schnell und ausreichend therapiert werden. Die Schmerzlinderung versetzt zum Beispiel viele Bandscheiben-Patienten erst in die Lage, aktiv gegen die Ursache ihrer Beschwerden zu arbeiten, mit Training ihre Rückenmuskulatur aufzubauen und zu kräftigen. In den meisten Fällen bilden sich dadurch Bandscheibenvorfälle wieder zurück und eine Operation erübrigt sich.
Schmerzlinderung bei vielen Patienten
Behandelt werden chronische Schmerzen in der Regel mit der multimodalen Schmerztherapie, die mehrere Bausteine wie Medikamente, Training und psychosomatische Therapie kombiniert. Daneben gibt es eine Reihe operativer und minimal-invasiver Verfahren, die in bestimmten Fällen hilfreich sein können. Die Pasha-Sonde hat sich nach Ansicht von Experten zum Beispiel bei durch einen Bandscheibenvorfall ausgelösten Wurzelreizsyndromen, chronischen Schmerzen nach einer Gürtelrose, von der Wirbelsäule ausgehenden Kopfschmerzen oder Morbus Sudeck bewährt.
Bei vielen Patienten lässt sich damit eine Schmerzlinderung erreichen, berichten erfahrene Therapeuten. In einigen Fällen verschwinden die Schmerzen sogar ganz.
Interviewpartner im Studio:
Dr. Till Wagner
Facharzt für Anästhesiologie und spezielle Schmerztherapie
Klinik für Schmerztherapie und Palliativmedizin
Medizinisches Zentrum StädteRegion Aachen GmbH
Mauerfeldchen 25
52146 Würselen
Interviewpartner im Beitrag:
Dr. Athanasios Koulousakis
Oberarzt
Fachbereichsleiter Funktionelle Neurochirurgie - Spastik und Schmerz
Klinik für Stereotaxie und Funktionelle Neurochirurgie
Zentrum für Neurochirurgie
Universitätsklinikum Köln
Kerpener Straße 62
50937 Köln
Tel. (0221) 478 45 80
Tel. (0221) 47 89 67 81 (Ambulanz)
Fax (0221) 478 51 12
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen