"Hirudo medicinalis" ist der lateinische Name des Süßwasseregels. Er ist etwa fünf bis zehn Zentimeter lang, hat fünf Augenpaare, zwei Mäuler mit je 240 spitzen Zähnen und ernährt sich von Blut. Die heilsame Wirkung der Blutegel war schon in der Antike bekannt. Auch im Europa des 19. Jahrhunderts erfreute sich die Egeltherapie großer Beliebtheit zur Behandlung zahlloser Erkrankungen. Seit einigen Jahren werden die Tiere zu Behandlungszwecken wieder vermehrt eingesetzt. Mehrere aktuelle Studien haben ihre heilenden und schmerzlindernden Wirkungen belegt.
Der Speichel der Tiere enthält bis zu 100 verschiedene Inhaltsstoffe, denen die Forscher gerinnungshemmende, schmerzstillende, durchblutungsfördernde und entzündungshemmende Wirkungen zuschreiben. Die genaue Zusammensetzung des Speichels ist aber noch nicht abschließend geklärt. Eingesetzt wird die Egeltherapie zur Behandlung von Schmerzen bei Rheuma und Arthrose sowie bei Migräne, Tinnitus-Beschwerden und Krampfadern. Neuerdings werden Blutegel mit großem Erfolg auch zur Behandlung der Beschwerden des sogenannten Tennisellenbogen eingesetzt. Nach Angaben der Experten setzt der schmerzstillende Effekt bereits kurze Zeit nach dem ersten Anlegen der Tiere ein und hält etwa drei Monate an.
Vollgesaugte Egel fallen von selbst ab
Der Biss der Parasiten ist zunächst etwas unangenehm. Das stechende Gefühl lässt jedoch aufgrund schmerzstillender Substanzen im Speichel der Blutegel schnell nach. Vollgesaugte Blutegel fallen von selbst ab. Sie dürfen auf keinen Fall gewaltsam entfernt werden, denn dabei könnten die Tiere gequetscht werden, in die Wunde erbrechen und so Infektionen verursachen. Die Tiere hinterlassen eine y-förmige Bisswunde, die bis zu 24 Stunden nachbluten kann. Im Allgemeinen sind schwerwiegende Nebenwirkungen im Rahmen der Egeltherapie selten.
Therapeutisch verwendete Egel gelten als Arzneimittel und werden unter hygienischen Bedingungen speziell für den medizinischen Einsatz gezüchtet. Die Kosten für eine einstündige Behandlung liegen bei etwa 100 Euro. Wird diese stationär durchgeführt, übernehmen die gesetzlichen Krankenkassen in der Regel die Kosten der Behandlung. Eine Behandlung beim Heilpraktiker muss der Patient aber selbst tragen.
Interviewpartner im Beitrag:
Hans-Günter Tonn
Heilpraktiker
Haffkruger Weg 22
22143 Hamburg
Tel. (040) 64 89 11 26
Prof. Dr. Andreas Michalsen
Stiftungsprofessur für Klinische Naturheilkunde
Charité-Universitätsmedizin Berlin
Chefarzt des Zentrum für Naturheilkunde
Immanuel Krankenhaus Berlin Wannsee
Königstraße 63
14109 Berlin
Tel. (030) 80 50 56 91
E-Mail: naturheilkunde(at)immanuel.de
Autorin des Fernsehbeitrags:
Sara Rainer