Mittwoch, Juli 25, 2012

Schmerzen lindern mit Osteopathie | NDR.de - Ratgeber - Gesundheit - Schmerz

Schmerzen lindern mit Osteopathie

Sein einziges Werkzeug sind die Hände: Schon nach wenigen Handgriffen spürt der Osteopath, warum ein Patient Schmerzen hat. Oft liegt die Ursache der Schmerzen gar nicht in dem Bereich, in dem sie auftreten, sondern ganz woanders. Das erspüren Osteopathen mit ihren Händen, viel Erfahrung und Sensibilität. Körperhaltung, Atmung und Muskelverhärtungen geben Hinweise, wo eine Störung vorliegt. So können Schwindel oder Kopfschmerzen auf ein Problem im Beckenbereich zurückzuführen sein oder Darmprobleme über Druck aufs Zwerchfell Herzrhythmusstörungen auslösen.

Osteopathen gehen davon aus, dass alle Organe und Gewebe miteinander in Beziehung stehen. Verbunden sind sie über Faszien: ein feines Gewebe, das wie Netzstrümpfe Knochen, Muskeln und innere Organe umhüllt. Zieht also etwas oben im Körper an einer Faszie, kommt dieser Zug auch unten an. Flüssigkeitsstau, Gelenkfehlstellungen, Verletzungen oder Muskelblockaden führen danach zu vielfältigen Beschwerden im ganzen Körper. "Leben ist Bewegung" lautet die Grundüberzeugung der Osteopathie. Danach funktioniert der gesamte Körper wie ein Uhrwerk: Hakt auch nur ein kleines Rädchen, gerät das ganze System ins Stocken. Funktions- und Entwicklungsstörungen oder Schmerzen sind die Folge. Das gilt für Muskeln, Sehnen und Knochen ebenso wie für innere Organe wie zum Beispiel Herz, Lunge oder Niere.

Der Osteopath ertastet und untersucht auch immer die inneren Organe - und als letzte Station der manuellen Feindiagnose das Nervensystem: Dabei erspürt er, ob Schädelknochen und Schädelnähte beweglich genug sind. Mit hochpräzisen Handgriffen kann der Osteopath Störungen behandeln, zum Beispiel Verwringungen lösen und Organe zurechtrücken. Meistens sind zwischen zwei und fünf Sitzungen notwendig.

Anwendung im Alltag

Zur Behandlung von zum Beispiel Kopf- oder Nackenschmerzen lassen sich einfache Übungen des komplexen Diagnostik- und Therapieansatzes in den Alltag integrieren und können von Betroffenen selbständig angewendet werden. Dabei werden Bewegungsabläufe und Atmung miteinander verbunden. Körper und Gehirn sollen lernen, dass Bewegungen schmerzfrei ausgeführt werden können. 

Osteopathie in den USA entwickelt

Die Entwicklung der Osteopathie geht auf den US-amerikanischen Arzt Andrew Taylor Still zurück, der bereits vor mehr als 130 Jahren Muskelverspannungen und Blockaden als Wurzel gesundheitlicher Beschwerden ansah. Stills Schüler entwickelten seinen Behandlungsansatz weiter und bezogen auch Schädel, Rückenmark und innere Organe in die osteopathische Denkweise mit ein. Erst Mitte des 20. Jahrhunderts kam die Osteopathie nach Europa. Doch während etwa in Großbritannien und Belgien die Ausbildung staatlich anerkannt und der Schulmedizin gleichgestellt ist, ist der Begriff des Osteopathen in Deutschland nicht gesetzlich geschützt. Dabei müssen auch hier "richtige", vom Verband anerkannte Osteopathen eine fünf- bis sechsjährige Ausbildung absolvieren, das Arbeiten mit den Händen und Erspüren von Blockaden erlernen. Über leichten Druck und winzige Bewegungen verändern sie mit speziellen Griffen den Spannungszustand der Muskulatur und des Gewebes. Bereits nach drei bis vier Behandlungssitzungen sollten die Beschwerden deutlich nachlassen.

Ergänzung zur Schulmedizin

Doch die Osteopathie ist immer nur eine Ergänzung der Schulmedizin, ersetzen kann sie sie nicht. Hat sich eine Erkrankung bereits manifestiert, kann die Osteopathie nicht helfen. Und sie ist auch nicht immer frei von Nebenwirkungen: Gehen die vom Osteopathen gegebenen Impulse in die falsche Richtung, können sich die Beschwerden verschlimmern. Bei der richtigen Indikation kann die Osteopathie aber Patienten jeden Alters helfen - vom Kleinkind bis zum Greis. Selbst bei Säuglingen, die nach einer schweren Geburt unter Fehlhaltungen und Schmerzen leiden, kann die Osteopathie hilfreich sein und Beschwerden beseitigen. Eine osteopathische Behandlung dauert 20 bis 40 Minuten und kostet bis zu 120 Euro. Die gesetzlichen Krankenkassen übernehmen diese Kosten nicht, private Kassen nur einen Teil.

Interviewpartner im Beitrag:

Thomas Seebeck
Physiotherapeut und Osteopath
Praxis für Physiotherapie Seebeck
Clemens-August-Straße 3
49413 Dinklage
Tel. (04443) 97 88 41

Autorin des Fernsehbeitrags:
Tina Roth



⌘⌘⌘
Sent from my iPhone

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen